Instagram-Alternativen hatte lange Zeit kein Fotograf ernsthaft auf dem Zettel: Die Bilder-Plattform war das Maß der Dinge, wenn man mit seinen Bildern möglichst viele Menschen erreichen wollte. Das hat sich geändert, teilweise sogar sehr drastisch. Viele Fotografen, die die Instagram und den Austausch dort schätzten, verlieren fast täglich an Reichweite. Sie sehen und erreichen nur einen Bruchteil der Menschen, die dort ‘ihre’ Community bilden.
Kaum ein Fotograf sieht auch noch vorrangig die Bilder derjenigen, denen er folgte, deren Arbeit er oft jahrelang begleitet hat. Das macht das Stöbern im Feed manchmal zu einem eher frustrierenden Erlebnis.
Erwartet werden nun auch von den Fotografen Inhalte ganz anderer Art von Inhalten, damit ihre Reichweite nicht beschnitten wird. Videos sollen mit Reels und Stories die Besucher nach dem Vorbild von TikTok fesseln. Hat man mit seinen Fotos also noch Chancen auf Instagram? Soll man als Fotograf dort weiter machen? Oder gibt es richtig gute Instagram-Alternativen, die einen Umstieg attraktiv machen?
Keine Frage: Instagram darf mit seiner Plattform machen, was es möchte. Die ständigen Änderungen am Algorithmus und letztlich am gesamten Konzept sind selbstverständlich legitim. Und niemand wird gezwungen, sich dort zu präsentieren. Instagram-Alternativen gibt es ja etliche. Fotos werden ja auch schließlich nicht von Instagram verbannt. Sie werden eben einfach nicht mehr so vielen Besuchern gezeigt. Die Besucher haben auf der anderen Seite heute auch deutlich weniger Einfluss darauf, was ihnen gezeigt wird. Das macht die Situation für Fotografen und Besucher schwerer.
Instagram: Dabei bleiben
Das klingt nach dem Vorspann vielleicht etwas zu optimistisch, aber man kann weiterhin auf Instagram aktiv bleiben und dort Spaß haben. Noch immer kann man dort ein schönes Portfolio seiner Arbeiten anlegen und zeigen, auch wenn die positive Entwicklung und das Wachstum vielleicht gestoppt sind.
Und wer sich als Fotograf darüber hinaus dazu durchringen kann, den gewünschten Content in Form von Videos zu veröffentlichen, der kann auch weiterhin sein Publikum auf Instagram finden und kann die Suche nach Instagram-Alternativen noch etwas aufschieben. Die Zahlen wirken nach einer jahrelangen Aufwärts-Entwicklung vielleicht frustrierend. Aber wer nicht unbedingt Geld auf der Plattform verdienen möchte, der kann sich damit vielleicht arrangieren.
Und wer kommerzielle Absichten verfolgt, der sollte sich mit den neuen gewünschten Inhalten (vorwiegend mit Videos) auseinandersetzen. Noch immer kann man damit Interessenten zu seinem Foto-Account bei Instagram umleiten. Und man kann – unabhängig vom Geschehen auf Instagram – den bestehenden Foto-Feed seines Accounts noch immer in die eigene Website einbinden und damit auf einfache Weise ein Galerie seiner aktuellsten Bilder zeigen.
Twitter: Austesten, was geht
Schon zu Beginn der gravierenden Änderungen auf Instagram wurde Twitter von vielen, die Instagram den Rücken kehrten, als eine der Instagram-Alternativen beschworen. Zu Beginn fühlte man sich dort als Fotograf einsam. Auch die Präsentation der Bilder war eher suboptimal. Inzwischen kann man hier aber tatsächlich viele Fotografen finden und auch einen regen Austausch pflegen. Hinzu kommt, dass der Umgangston auf Twitter in diesem Bereich recht freundlich ist und der Austausch angenehm.
Die Bildpräsentation war lange Zeit unbefriedigend: Von den Querformaten gab es nur Mini-Ansichten, auch Hochformate wurden beschnitten, und wer drei oder vier Bilder auf einmal posten wollte, erhielt und erhält wirkliche Mini-Ansichten. Aber hier kann man beruhigt vorweg nehmen, was auf Instagram sowieso folgen soll: Die Hochformat-Fotos im Verhältnis 9:16 sollten dort auch bald Standard werden. Jetzt schon erhält man auf Twitter damit die besten Ausnutzung ohne Beschnitt.
Vero: die Instagram-Alternative?
Vero kann durchaus nicht nur als eine der attraktivsten Instagram-Alternativen gelten, sondern vielmehr als Gegenstück zu Facebook und deren Tochterunternehmen. ‘True social’ lautet der Slogan der App. Vero gibt es schon seit 2015, die App hat aber nie so richtig den Durchbruch geschafft. In der US-Firma geben noch immer die beiden Gründer den Ton an. Vero soll datenschutzkonform sein und geht nicht verschwenderisch mit den Daten seiner Nutzer um.
Außerdem setzt man hier nicht auf einen Algorithmus sondern zeigt einen chronologischen Feed – ohne Werbung! Die App ist ansprechend und wird von den Benutzern gelobt. Tatsächlich braucht es aber eine kurze Zeit der Eingewöhnung. Seit kurzem gibt es auch eine Desktop-App vor Vero. Ein ganz handfester Vorteil ist zum Beispiel auch, dass man Links nutzen kann.
Nachteile sind eher marginal und werden von den Nutzern unterschiedlich bewertet. Der größte Haken ist sicher, dass man auf der neuen Plattform wieder bei Null anfängt. Aber auch das muss ja kein Nachteil sein, wenn man seine Erfahrungen von Instagram mitbringt, sich nicht mehr über Facebook und Co. ärgert und jetzt beim neuen Foto-Account einige Dinge von Anfang an anders machen möchte. Vor allem lernt man recht schnell recht viele neue Fotografen kennen.
Tatsächlich ist Vero in vielerlei Hinsicht eine andere Welt: Der Fokus liegt auch hier nicht ausschließlich auf Fotos. Gleich im ersten Schritt werden neue Nutzer dazu aufgefordert, auch Filme und Fernseh-Sendungen zu teilen, Restaurants, Bücher und Musik. Man teilt also vielmehr, in einer bunteren Mischung und ohne Druck in eine bestimmte Richtung.
Die eigene Website: der sichere Ort
Klar wird man auf der eigenen Website nie die Reichweite erzielen, die man auf großen Plattformen haben kann. Von daher gehört diese Lösung nur bedingt zu den ernsthaften Instagram-Alternativen. Aber hier gilt: My home is my castle. Eventuell ändert Google die Kriterien, mit denen man in der Suchmaschine gut gefunden wird. Aber wer auf seine Leistungen als Fotograf aufmerksam aufmerksam machen will, der tut das am besten (auch) auf der eigenen Website. Hier lassen sich Galerien anlegen, teilweise mit wesentlich beeindruckenderen Darstellungsmöglichkeiten als in jedem Sozialen Netzwerk.
Außerdem lässt sich mit überschaubarem Aufwand auch ein Shop einrichten. Man kann ihn direkt mit der Galerie verknüpfen, zum Beispiel über einen Dienstleister, der auch die Bilder versendet. Oder man richtet sich einen simplen Shop ein, und bestellt und versendet die Fotos dann selbst. Der Aufwand ist höher, aber gerade zu Beginn ist das sicher noch gut zu leisten.
Eine vergleichbare Community hier aufzubauen ist schwer bis unmöglich. Aber wer Instagram vor allem dazu nutzte, einen Bilder-Verkauf in Gang zu bringen oder anzukurbeln, der kann seine Zeit und sein Geld hier und auf anderen Verkaufs-Plattformen gut anlegen.
Etsy: Händler-Plattform statt Community
Und weil wir gerade beim Bilder verkaufen sind: Etsy bewährt sich seit langem auch für Fotografen. Viele sind dort mit massenhaft Bildern vertreten. Inwiefern man dort gut verkaufen kann, wie hoch der Aufwand dafür ist und die Gewinnspanne und wie man das Marketing regelt, das sind ganz andere Fragen. Natürlich ersetzen Etsy und die dort gewonnen Kunden nicht die große Gemeinschaft der Fotografen und Foto-Liebhaber, die man bei Instagram (oder Vero) so schätzt.
Aber viele, die auf ein Einkommen mit ihren Bildern hinarbeiten, erreichen hier sicher noch deutlich mehr Interessenten, als über die eigene Website. Aber auch die Konkurrenz ist riesig. Viele Anbieter sind hier schon seit Jahren etabliert, haben ein großes und ständig aktualisiertes Angebot für ihren Themenbereich.
Youtube: Alternative oder Ergänzung?
Eine oft gehörte Reaktion auf die Klagen über Instagram war: „Geh doch zu Youtube. Mit dem gleichen Aufwand wirst Du dort viel mehr erreichen.“ Das kann schon richtig sein. Aber im Prinzip schauen wir hier zuerst auf die Fotografen. Und da vor allem auf diejenigen, die eben nicht auf dem Umweg über Videos für Instagram Reels und Stories das Publikum für ihre Fotos erreichen können oder wollen. Viele Fotografen wollen ihre Zeit vor allem in gute Fotos investieren, statt in Videoschnipsel.
Andererseits sind auf Youtube viele Fotografen vertreten, die über ihre Arbeit berichten, ihre Bilder zeigen und dort ebenfalls viele Rückmeldungen bekommen und einen regen Austausch finden. Man muss ja deswegen nicht die Fotografie aufgaben, im Gegenteil. Man tauscht sich lediglich auf einer anderen Ebene über seine liebste Tätigkeit aus.
Old school Methoden
Natürlich schätzen wir alle sehr das digitale Zeitalter, das uns so viele Annehmlichkeiten in der Fotografie beschert hat. Jetzt fotografieren – und kurz darauf die Bilder auf einer Plattform teilen. Wenige Minuten später bekommt man vielleicht schon die ersten Rückmeldungen und kann auch sehen, was andere Fotografen zu diesem Thema machen. Das gilt auch für all diejenigen, bei denen das ‘kurz darauf’ bedeutet, dass sie auf Lightroom eine große Zahl von Bildern sortieren, auswerten und bearbeiten, bevor sie diesen Schritt gehen.
Aber ältere, durchaus bewährte Methoden, um Aufmerksamkeit für seine Bilder zu bekommen, haben zwar nicht für alle, aber doch für einige ganz gut funktioniert. Das kann damit anfangen, dass man im Café seiner Wahl nachfragt, ob man dort seine Bilder zeigen darf. Oder dass man zumindest im lokalen Rahmen Ausstellungen macht, sich Partner sucht oder sich an einer Ausstellung beteiligt.
Aufmerksamkeit im Internet bekommt man zum Beispiel auch, wenn man ab und zu eigene Bilder über einen Social Media Account oder die eigene Website verlost. Zwar ist die Scheu bei Fotografen immer groß, eigene Leistungen ‘kostenlos’ abzugeben. Aber auch dieser Schritt sorgt für Interesse und vergrößert vielleicht die Anhängerschaft (und er kostet bei Foto-Abzügen nicht die Welt).
Mein Resümé
Was tun mit den Instagram-Alternativen? Am besten probiert man vielleicht von allem ein bisschen. Wie so oft, wenn man nicht den einzigen Erfolg versprechenden Weg gefunden hat, lohnt es sich, ein paar Dinge aus zu probieren. Ich habe die Aktivitäten für meinen Instagram Account drastisch herunter gefahren, will mich aber hier noch nicht ganz verabschieden.
Die Vero App habe ich jetzt wieder belebt, nachdem ich sie 2018 kurz angetestet hatte. Ich werde mich künftig hier öfter umsehen. (Wobei ich nach den Erfahrungen mit Facebook und Instagram sicher nie mehr so viel Zeit in eine ‘fremde’ Plattform investieren werde…)
Bei Twitter bin ich schon länger. Mein Account dort ist etwas vernachlässigt und thematisch ein Sammelsurium. Da werden jetzt sicher öfters Fotos dazu kommen, vor allem Hochformat 9:16. Aber es wird eben kein Fotografen-Account. Dafür ist die Welt auf Twitter zu bunt und mein Account zu sehr Sammelsurium. Aber ich werde dort mehr Fotografen folgen und schauen, was hier passiert.
Bildergalerien auf meiner Website gab es bislang nicht. Zwar habe ich damit geliebäugelt, einen Versuchsballon mit einem eigenen Shop steigen zu lassen. Schließlich gehören WordPress-Website und Woocommerce zu meinem Angebot als Freelancer. Statt des Direktverkaufs von Fotos kann man hier auch den Shop eines Vertriebspartners integrieren und hat so vergleichsweise wenig Aufwand (aber weniger Erlös). Auch Etsy war und ist eine Option.
Bei Youtube bin ich schon länger aktiv. Dort beschäftige ich mich sowieso vorrangig mit Foto und Videothemen. Aber das wird für mich kein Ersatz für eine Bilder-Plattform. Vielmehr soll Youtube weiterhin eine gute Ergänzung bleiben.
Immerhin konnte man aus dem Geschehen auf Instagram auch lernen. Man bekam das gute Gefühl, teil einer großen Gemeinschaft mit gemeinsamen Interessen zu sein und dort eine Plattform für kreative Arbeiten zu finden. Aber es hat sich eben auch einmal mehr bestätigt: Die Spielregeln für das Geschehen im Internet kann man bestenfalls auf seiner eigenen Website selbst festlegen. An allen anderen Orten ist man Gast, für eine begrenzte Zeit.