Das Panasonic-Objektiv Lumix G 25mm F1.7 löst ein Problem, das manche Fotografen gar nicht kennen. Es verschafft Bildern und Videos für relativ wenig Geld (rund 160 €) ein Bokeh und einen Unschärfebereich, der das bildwichtige Objekt hervorhebt. Der Unschärfebereich wird vor allem deshalb als optisch reizvoll empfunden, weil er den Vorder- und Hintergrund verschwinden lässt und das eigentliche Motiv hervorherbt. Ausschlaggebend dafür ist die geringe Tiefenschärfe. Die sorgt dafür, dass der bildwichtige Teil ‘freigestellt’ wird.
Wozu Du das brauchst, warum Du es sehr wahrscheinlich haben willst, wenn Du den Effekt kennst, und warum das bei Kameras mit einem Micro-Four-Thirds Sensor ein Problem ist, das erfährst Du hier.
Das Lumix G 25mm F1.7 bringt einen professionelleren Look
Zunächst mal ist das Problem der Freistellung, das das Lumix G 25mm F1.7 löst, ein Luxus-Problem. Die meisten Fotos für den Alltag leben von einer guten Fokussierung. Das Bildwichtige muss scharf sein, der Rest – naja. Viele Fotografen, die zum ersten Mal von einer Kompaktkamera zu einer Spiegelreflexkamera wechseln, sind von dem Freistellungs-Effekt, beispielsweise eines lichtstarken Normalobjektivs mit 50 mm F1.8, ziemlich begeistert. Dem entspricht bei MFT-Kameras wie meiner Panasonic Lumix G81 ziemlich genau das Lumix G 25mm F1.7.
Mit Kompaktkameras mit einem kleineren Sensor bekommt man das nämlich nur schwer hin. Dieses Freistellen ist hilfreich bei Porträts, aber auch wenn man Produkte fotografiert. Manchmal gibt es ganz banale Gründe dafür, dass man ein Objekt vom Hintergrund loslösen möchte. Da ist der Hintergrund unschön, unaufgeräumt, hat irgendwelche ablenkenden Elemente oder stört einfach.
Kleinere und preiswerte Kameras scheitern an dieser Freistellung oft aus zweierlei Gründen. Erstens ist der Sensor dieser Kameras zu klein. Je kleiner der Sensor, desto mehr wird in diesen Bildern scharf abgebildet. Das ist nicht unerwünscht bei Herstellern und Kunden. Gerade Laien beurteilen die Qualität eines Fotos nicht nach Freistellungseffekten oder einem Bokeh (das sind die schönen Lichtreflexe bei offener Blende). Sondern eben einfach danach, ob das ganze Bild scharf ist.
Der zweite Grund sind die bei preiswerteren Kameras verwendeten Standardobjektive. Das sind oft kleine, eher lichtschwache Zoomobjektive mit einer geringen Blendenöffnung. Also zum Beispiel ein Zoomobjektiv 35 bis 70 mm und einer Anfangsöffnung von Blende 4 bis 5,6. Auch das ist für die meisten Urlaubsfotos und Schnappschüsse durchaus ausreichend und garantiert schärfere Bilder als eine lichtstarke Linse.
Maßstab ist das Kleinbildäquivalent
Die oben genannten Beispiele mit Lichtstärke und Brennweite beziehen sich auf das, was man Kleinbildäquivalent nennt. Die Brennweite wird berechnet auf das ehemalige Format von Kleinbildfilmen, die eine Fläche von 24 x 36 mm Film belichteten. Heute entspricht ein Sensor dieser Größe einer Vollformatkamera – und die ist ziemlich teuer.
Wer sich über Auflösung und Sensorgrößen erst einmal schlau machen möchte, der sollte kurz in diesen Artikel schauen, und zumindest das Bild mit dem Größenvergleich verschiedener Kamera-Sensoren beachten.
Kurz gesagt verlängert sich die Brennweite, je kleiner der Sensor im Vergleich zum Kleinbildformat wird. Bei Kameras mit einem APS-C Sensor beträgt dieser Faktor etwa 1,6. Aus einem Normalobjektiv mit 50 mm von einer Vollformatkamera wird an einer APS-C Kamera eine Brennweite von etwa 80 mm. Das entspricht einem kleinen Teleobjektiv, gut für Porträts, schlecht für Innenaufnahmen mit wenig Abstand. Aktuelle APS-C Kameras sind zum Beispiel Canon EOS M Kameras, aber auch die Canon EOS 250 D, die Nikon Z50 oder die D3500, oder die Kameras aus der Reihe der Sony Alpha 6000.
Bei den noch kleineren MFT-Sensoren beträgt der Faktor für die Brennweite 2x. Aus dem 50mm-Normalobjektiv für Kleinbild wird also ein Tele mit 100 mm Brennweite. Und das Lumix G 25mm F1.7 kommt nach dieser Umrechnung ziemlich genau als das klassische lichtstarke 50mm Standardobjektiv heraus, das ‘Nifty-Fifty’.
Das MFT-Dilemma
Und hier beginnt das MFT-Dilemma. Denn die Objektivpalette der Marken-Objektive und von Fremdherstellern im MFT-Bereich gleicht das nur unzureichend aus. Das bedeutet, dass die ganz kleinen Brennweiten mit hoher Brennweite selten und teuer sind. Und die ganz kleinen Brennweiten bräuchtest Du ja, um den Brennweitenbereich Weitwinkel und den eines Normalobjektiv zu erschließen.
Lichtstarke Brennweiten im MFT-Bereich ab 7 mm liegen preislich zwischen 700 und 1.200 Euro. Auch ein Leica 12mm F1.4 liegt bei 1.200 Euro. Das macht den Preisvorteil der preiswerteren MFT-Kameras von Panasonic und Olympus wieder wett.
Wer in den echten Weitwinkelbereich vordringen möchte, der muss tief in die Tasche greifen. Wer dagegen in erster Linie den Freistell-Effekt sucht, also eine Linse, die auch bei schwachem Licht scharfe Bilder macht und ein schönes Bokeh zeichnet, der ist mit dem Lumix G25 mm F1.7 gut bedient. Für nur rund 160 Euro erhält man ein lichtstarkes Objektiv mit guten bis ausreichenden Abbildungsleistungen.
Das Plastik-Gehäuse fühlt sich nicht besonders hochwertig an, es ist leicht aber stabil. Das Bajonett ist aus Metall und die Sonnenblende ist schon im Preis inbegriffen. Ich habe das Objektiv gleich gekauft, als ich mir die Lumix G81 zugelegt habe. Denn mir war klar, dass ich neben dem 12-60 mm Objektiv auch ein lichtstarkes Objektiv haben möchte für Porträts und Produkte.
Meine Erfahrungen
Seitdem ist der preiswerte Lichtriese zwar nicht dauernd an der Kamera. Dafür ist das 12-60 mm Objektiv doch zu universell. Aber ich greife sowohl für Fotos als auch für Videos gerne zu dieser Linse.
Zunächst einmal ist es kein Problem, das Leichtgewicht noch in einer Fototasche mitzunehmen. Du wirst kaum ein Objektiv finden, das weniger als diese 125 Gramm auf die Waage bringt. Die G81 hat eine kamerainterne Bildstabilisierung und das Zoomobjektiv zum Beispiel ist ebenfalls bildstabilisiert. Das 25 mm Objektiv hat diese Funktion nicht. Damit kann ich leben. Die große Blendenöffnung sorgt immerhin auch bei schlechten Lichtverhältnissen für gute Belichtung. Und bei Videoaufnahmen sitzt die Kamera sowieso meist auf dem Stativ.
Der Autofokus der Kamera stellt schnell und präzise scharf mit dieser Linse. Und beim manuellen Fokussieren hilft der sehr breite geriffelte Fokusring. Zwar nicht so geriffelt, wie man es für einen Follow-Fokus bräuchte, aber bequem und praktisch für die Handeinstellung. Außerdem hilfreich: die langen Verstellwege, eine Fokus-Lupe und das Fokus-Peaking im Display (die beiden letzteren sind Ausstattung der G81 und haben mit dem Objektiv weniger zu tun).
Ein kleiner Nebeneffekt, der wenig mit Qualität aber Ersparnis zu tun hat: Der Frontdurchmesser beträgt 46 mm. Für diese Größe sind fast alle Filter vergleichsweise günstig zu haben, da die Größe hier eine wichtige Rolle spielt. Bei mir ist es vor allem der ND-Fader, der für Fotos und Videos zum Einsatz kommt. Damit kann ich die offene Blende nutzen, ohne dass die ISO-Werte und Bildrauschen zunehmen. Hilfreich ist auch, dass sich die Frontlinse beim Fokussieren nicht dreht.
Das Highlight
Das Highlight dieses Objektives ist natürlich die großen Blendenöffnung und das damit verbundene Bokeh und der deutliche Unschärfebereich. Der eigentliche Schärfebereich wird logischerweise nicht nur durch die weit geöffnete Blende eingeschränkt. Zum Rand hin kann es da zu leichten Unschärfen und je nach Lichteinfall auch zu einer leichten Vignettierung kommen.
Da es mir vor allem darum geht, ein bildwichtiges Detail hervorzuheben, das zudem meistens recht zentral platziert ist, stört mich das weniger. Und wenn ich das Objektiv einmal ‘zweckentfremdet’ für Landschaftsaufnahmen nehmen sollte, dann hilft eine Abblendung um zwei oder drei Stufen, um diese kleine Schwäche auszubügeln. (Wer macht auch schon Landschaftsaufnahmen mit Blende 1.7?)
Kleine Schwächen
Einziger Schönheitsfehler ist die elektronische Übertragung der Entfernungseinstellung beim Fokussieren. Es gibt also keine festen Entfernungseinstellung, die man markieren könnte. Aber mit diesem Dilemma muss man bei den meisten digitalen Objektiven leben (focus by wire).
Gewöhnungsbedürftig ist der relativ kleine Fokusbereich. Bei einem Abstand von einem Meter beträgt der Schärfebereich etwa 8 cm. Das sind 4 cm vor dem Objekt und 4 cm hinter dem Objekt, die noch scharf abgebildet werden. Wer bei offener Blende noch näher dran geht, der braucht schon ein gutes Auge zum scharf stellen.
Bei Porträtfotos ist beispielsweise das Kinn scharf, die Ohren sind unscharf. Bei Produktfotos mit vielen Details sind die Unschärfen noch auffälliger. Und man kann noch näher dran. Die Naheinstellgrenze liegt bei 25 cm, das sind etwa 18 cm ab Objektiv-Vorderkante. Bei diesem Abstand beträgt der Schärfebereich etwa 5 mm vor und hinter der Einstellebene. Behelfen kann man sich da eventuell noch mit einem Aufnahmewinkel senkrecht zur Scharfstell-Ebene.
Aber wer dieses Problem kennt und sich darauf einstellt, der bekommt trotzdem gute Bilder. Abhilfe schafft natürlich das Abblenden, aber auch ein größerer Abstand zum Objekt.
Mein Fazit
Ich möchte das kleine leichte Objektiv nicht mehr missen. Den Brennweitenbereich ist zwar in meinem Zoomobjektiv enthalten. Aber mir geht es in erster Linie um Aufnahmen mit einem Freistelleffekt oder einem schönen Bokeh. Das ‘verwandte’ Panasonic LEICA DG SUMMILUX 25 mm F1.4 mag zwar eine bessere Abbildungsqualität haben, liegt mit 550 € aber auch in einer ganz anderen Preisklasse. Auch die Linsen 15 mm F1.7 (460 €) oder 12mm F1.4 (1150 €) sprengen den Rahmen, gemessen an den Einsatzmöglchkeiten.
Echte Alternativen für mich wären die Pancake-Objektive Lumix G 14mm F2.5 (200 €) und Lumix G 20mm F1.7 (275 €). Beide sind aufgrund der geringen Tiefe aber für das manuelle Fokussieren nicht ideal, finde ich. Kurzum: Für rund 160 € bin ich mit den Gegenwert sehr zufrieden.