Zeitlupe in einem Video ist mehr als nur ein netter Effekt. Die verlangsamte Darstellung erzeugt eine besondere Stimmung, die man leicht durch passende Bilder und Musik unterstützen kann. Aber wer nach Möglichkeiten für Zeitlupen-Aufnahmen forscht, der stößt schnell auf teures Equipment. Und das wollen sich die meisten Video-Filmer für ihre Youtube-Videos nicht zulegen.
[Update: Es gibt ein neues Youtube-Video zum Thema Zeitlupe: Das Tutorial heißt „Zeitlupe mit dem iPhone” und beschäftigt sich speziell mit Smartphone-Videos. Dazu gehört ein neuer Blogpost zum Thema „Zeitlupe mit dem Video”.]
Hier ein Beispiel für Zeitlupen-Aufnahmen mit verschiedenen Kameras:
Und hier geht es speziell um das Thema Zeitlupe mit dem iPhone:
Was ist Zeitlupe?
Zeitlupe oder Slow Motion-Aufnahmen (Slomo) ist eine Verlangsamung der Bildrate. Die meisten Videos in Deutschland zeigen 25 Bilder pro Sekunde (Frames per second, FPS). Das gilt als ideale Geschwindigkeit, bei der das menschliche Auge die Einzelbilder nicht mehr erkennt. Bei uns gibt es übrigens das PAL-System, bei dem die Bildraten ein Vielfaches oder Teiler von 50 FPS eingesetzt werden. In den USA dagegen setzt man mit dem NTSC-Format auf 24 oder 30 Bilder pro Sekunde oder ein Vielfaches.
Achtung, wenn Du eine Kamera kaufst, die zum Beispiel HD-Qualität bei bis zu 60 FPS bietet. Mit unseren Voreinstellungen wirst Du eher 50 statt 60 FPS nutzen. Aber die doppelte Aufnahme- und halbe Wiedergabe-Geschwindigkeit ist schon ausreichend.
Derzeitiges Limit bei normalen Kameras ist übrigens bei 120 FPS, in Ausnahmefällen auch 180 FPS (jeweils bei HD-Qualität). In 4K ist in der Regel bei 60 FPS Schluss, dieses Feture ist aber noch sehr selten (und teuer).
Drei einfache Wege zur Zeitlupe
Smartphone
Die einfachste Möglichkeit für Zeitlupe kann Dein Smartphone bieten. Das iPhone (auch ältere Modelle wie das 6s) kommen auf immerhin 120 FPS. Hier musst Du zwar wegen des kleinen Sensors und des verwendeten Codecs Abstriche bei der Qualität machen. Aber für kurze Sequenzen in einem Video reicht das durchaus, finde ich.
Gute Smartphones sind zwar auch nicht ganz billig. Aber da ein Smartphone heute fast immer sowieso vorhanden ist, ist das vielleicht die einfachste – und als Zusatzleistung zum Handy – auch die preiswerteste Möglichkeit. Falls Dein Handy das nicht kann, achte beim nächsten Neukauf drauf. Oder besorge Dir eines der besseren Handys mit dieser Funktion als älteres, gebrauchtes Modell.
Actionkameras
Auch einige Actionkameras bieten höhere Bildraten. Denn für Action und eine effektvolle Wiedergabe von Bewegung, sind sie ja gedacht. Die GoPro Hero 4 Black zum Beispiel ist schon ein bißchen älter. Und sie bringt es schon auf 120 FPS bei Full-HD. Auch das ist als Gebrauchtkauf eine akzeptable Lösung. Allerdings muss man wissen, dass dieses Modell eben nur ein Fixfocus-Objektiv hat.
Kompaktkameras und DSLRs
Auch einige Kompaktkameras und DSLR kommen auf immerhin 60 FPS bei HD-Qualität. Das ist immerhin in der Wiedergabe dann die halbe Geschwindigkeit. Der Vorteil bei diesen Kameras gegenüber dem Smartphone ist die bessere Qualität. Der größere Sensor ebenso wie die bessere Optik, evt. auch durch Wechselobjektive ein Baustein für schärfere Aufnahmen.
Die kleine Canon EOS M 100 zum Beispiel schafft die 60 FPS bei HD, die DSLR Canon 800D ebenfalls. Diese beiden Modell haben Wechselobjektive. Nun werden durch die Verlangsamung zwar auch Verwacklungen weniger deutlicher sichtbar. Empfehlenswert ist trotzdem, Freihand-Aufnahmen eher mit der Weitwinkel-Einstellung zu machen. Noch schöner sind Tele-Aufnahmen, für die ich dann aber unbedingt ein Stativ einsetzen würde, um den schönen Slomo-Effekt nicht durch Verwacklungen zu beeinträchtigen.
Und wie wird nun Zeitlupe draus?
Legst Du zum Beispiel in Final Cut Pro X ein neues Projekt an, dann hast Du wahrscheinlich als Standardeinstellung eine Framerate von 25 Bildern pro Sekunde voreingestellt. Ziehst Du nun Deine Zeitlupen-Clips einfach in die Timeline Deines Editors, dann wird Dein Video mit der normalen Wiedergabe-Geschwindigkeit abespielt. Dazu musst Du den Clip auswählen, auf Ändern gehen, Retime auswhählen und dann Conform oder Geschwindigkeit anpassen.
In Adobe Premiere geht das meines Wissens nach über Modify Clip. Dann kann man die niedrigere Bildraten angeben und der Clip wird verlangsamt wiedergegeben. Die Schnittprogramme haben darüberhinaus eine Funktion, mit der die Zeitlupe weicher wiedergegeben wird (optical flow).
Übrigens kann man noch ein bißchen mehr Effekt rauskitzeln. Man kann die Wiedergabe-Geschwindigkeit noch weiter herunter regeln. Dann leider aber die – trotz der Einstellung Optical Flow in Retime – die Qualität. Oder man legt seine Videos mit 24 FPS an und stellt in seiner Kamera den NTSC-Standard ein, der dann 60 statt 50 FPS ermöglicht.
Nachbearbeitung und die Qualitätsfrage
Die Frage ist, ob man den Wow-Effekt der Zeitlupe durch die geringere Qualität bei der nachträglichen Verlangsamung im Editor nicht wieder zunichte macht. Bei mir an einem iMac mit Retina und 5K-Auflösung sieht manches etwas gruselig aus, was so bearbeitet wurde. In der Darstellung auf einem Smartphone macht sich ein Youtube-Video mit diesen Zeitlupen-Einstellungen gar nicht so schlecht. Erst recht, wenn Du noch eine Letterbox drüber gelegt hast, der das tatsächliche Bild ja noch einmal kleiner macht.
Wenn Du Deine Videos im Auftrag für jemanden produzierst, der das für sich oder seine Besucher zum Beispiel auf seinem 55-Zoll-TV abspielt, dann solltest Du das vorher unter gleichen Bedingungen erst einmal selbst kritisch ansehen. Nach meinem Wissen werden Youtube-Videos aber auch die Artikel und Videos meiner Website von weitaus mehr als der Hälfte der Besucher auf Smartphones angesehen.