Der Kauf der Canon EOS RP vor einem Jahr war eine eher spontane Anschaffung: Der sinkende Preis hatte meine magische Grenze erreicht. Und vergleichbare Wunschkameras mit APS-C- oder Vollformat-Sensor schienen mir einfach nicht dieses tolle Preis-Leistungs-Verhältnis zu garantieren. Hinzu kam, dass ich – mittlerweile Anhänger einer eher kompakten Ausrüstung – mit Ausmaß und Gewicht der Kamera ziemlich zufrieden war und letztendlich auch, dass ich einiges verwendbarem Zubehör besaß, so dass ich mit dem Kauf von Kamera und Standardzoom nicht bei Null anfangen musste.
Hier ein kurzer ganz persönlicher Überblick über Einsatzbereiche und das verwendete Zubehör.
Landschaftsfotografie
Fangen wir mit dem leichtesten an. Nach meiner Auffassung schafft man mit so ziemlich jeder Kamera und jedem Objektiv Fotos von brauchbarer bis sehr guter Qualität. Diese eher ernüchternde Erkenntnis verschaffte mir schon zu Beginn meiner Foto-Arbeiten ein kurzer Vergleich zwischen billigen und teuren Objektiven, damals noch auf Kleinbildfilm. Was sich bis heute nicht verändert hat: Gut belichtete und verwacklungsfreie Aufnahmen mit leichter Abblendung lassen da bis heute keinen Unterschied erkennen.
Kniffliger wird es, wenn man Dynamik und Bildrauschen einbezieht, dagegen spielen moderne Autofokussysteme oder ausgefeilte Belichtungsprogramm hier nur eine geringe Rolle. Was also sollte man zur Landschaftsfotografie mit der Canon EOS RP sagen? Die Vorteile: Die Kamera lässt sich leicht überallhin mit nehmen. Mit dem preiswerten Standardzoom Canon RF 24-105mm F4-7.1 ist man gut gerüstet. Und wer noch ein kompaktes Stativ hat, ist bestens bedient. Gite Dreingaben sind die Fernsteuerung mit einer brauchbaren App und die HDR-Aufnahmen (wenn man das möchte).
Porträtfotografie
Auch das ist ein Thema, bei dem die Kamera nicht die größte Rolle spielt. Wichtig ist meinen Augen ein Objektiv mit lichtstarker Festbrennweite wie das Canon RF 50mm F1.8 (oder das Canon RF 85mm F2). Diese Linsen ermöglichen eine gute Freistellung, ein schönes Bokeh und gute Schärfe. Wichtig auch hier: Mit dem 50mm F1.8 für rund 200 € ist man bestens bedient.
Was kann die Kamera zum guten Gelingen beitragen? Man kann zum Beispiel bestens den relativ neuen Aufnahme Modus FV nutzen. Kurz gesagt vereint es fast alle anderen Aufnahme Modi unter einer recht einfach zu lernenden Oberfläche. Das erleichtert das schnelle und einfache Umschalten von der Blendenpriorität zu Verschlusszeit oder dem manuellen Modus wechseln. Man muss es ausprobiert haben (und etwas geübt haben), damit man den Nutzwert in der Praxis erkennt. Hilfreich auch die Augenerkennung im Tracking-Modus, die zuverlässig Schärfe auf dem bildwichtigsten Teil garantiert.
Reportage
Hier fasse ich mal neben der klassischen Reportage auch die Aufgaben zusammen, die für mich zu einem häufigen Foto-Auftrag gehören. Oftmals lautet die Aufgabenstellung, für eine Website alle Inhalte zu bebildern – anaprechend, mit Variationen, mit Bildern wie aus einem Guß und das alles in einem engen Zeitrahmen. Dazu gehören dann Innenraumaufnahmen, Porträts, Produkte, sehr viele Details und Aufnahmen, die mit dem Spiel von Schärfe und Unschärfe gut als Stellvertreter für Themenbereiche zu verwenden sind.
Vorteil der EOS RP neben der Kompaktheit: Es genügen meistens das Standardzoom und das 50mm-Objektiv, um alle Aufnahmesituationen abzudecken. Hier spielt endlich auch der Autofokus eine wichtigere Rolle und erweist sich als mehr als brauchbar. Und auch ein anderes Feature, das ich sonst nicht so gerne nutze: das gleichzeitige scharf stellen und Auslösen mit einem Fingertip auf den ausgeklappten Touch-Screen. Es beschleunigt das Vorgehen ganz erheblich.
Produkte / Stilleben
Auch hier genügen in der Regel wenige technische Features. Am liebsten arbeite ich hier mit manuellen Einstellungen, wie sie an jeder Kamera möglich sind. Die Canon EOS RP sitzt dabei in der Regel auf einem Stativ, die Einstellung der Schärfe-Ebene erfolgt mit der Displaylupe, was ein sehr genaues Arbeiten ermöglicht. Und weil das Bildrauschen sich auch bei höheren ISO-Werten in Grenzen hält, kann ich statt der kleinen Studio-Blitzanlage auch öfters das in der Lichtleistung schwächere Videolicht benutzen. Es erleichtert die Beurteilung der Lichtsituation besser und lässt sich einfacher anpassen, erst recht mit einer IR-Fernbedienung RC-6 (oder andere kompatible).
Manuelle Objektive
Wer gerne lichtstarke Festbrennweiten von älteren manuellen Objektiven einsetzt, der muss auch mit der Canon EOS RP nur einmal die Anschluss-Hürde bewältigen. Um diese Objektive nutzen zu können muss man in die Custom Functions des Menüs gehen und dort: Auslösen ohne Objektiv einstellen. Dann steht mir die ganze Palette an sehr guten manuellen Objektiven zur Verfügung, die ich auch an meiner Canon EOS M6 schon nutze.
Meine Favoriten sind ein Zeiss 50mm F1.7 und ein WallimexPro 35mm F1.5 Cine. Hier bewährt sich wieder die Vergrößerung der Display-Ansicht für eine perfekte Scharfstellung. Ich bevorzuge diese Linsen immer dann, wenn die Gestaltung von Fotos und Videoaufnahmen etwas aufwäändiger ist, insbesondere was den Schärfebereich angeht. Über den Sucher kann man auch die Helligkeit gut beurteilen und kann deswegen relativ unbesorgt auch ND-Fader einsetzen, um die offene Blende beibehalten zu können.
Canon Zubehör-Palette
Praktisch ist es natürlich, wenn man ältere EF-Objektive einer Canon DSLR besitzt, die man mit dem EF zu RF Adapter anschließen kann. Alle Funktionen bleiben erhalten, auch der Autofokus wird nicht wesentlich langsamer. Bei mir sind das aber nur wenige Lisnen, zum Beispiel ein 70-200mm F4, das ich aber sehr gerne einsetze.
Ansonsten sind es eher ältere manuelle Objektive, die ich mit einfachen Adaptern ansetze, ohne jede Automatik-Funktion. Alle Objektive die speziell für EF-M konstruiert wurden, lassen sich dagegen nicht verwenden, auch nicht mit künftigen Adaptern: Nachdem was ich erfahren habe, verhindert dies das sogenannte Auflagemaß der Objektive.
Immer noch brauchbar und ein Quell der Freude sind EF-Objektive von Fremdherstellern. Wer keine besitzt sollte sich sogar überlegen, ob er die nicht besser gebraucht ersteht und mit dem RF-Adapter verwendet. Vor allem lichtstarke Festbrennweiten im unteren Brennweitenbereich erscheinen hier sehr attraktiv. Die RF-Objektiv-Palette ist überschaubar und ziemlich hochpreisig.
Und natürlich funktionieren solche Dinge wie ein Fernauslöser und Blitzgeräte noch ganz prima mit der EOS RP.
Mein Fazit
Vor allem zum damaligen Set-Preis von rund 1.100 € kann man diese Lösung als sehr empfehlenswert betrachten. Inzwischen gehen die Preise eher wieder nach oben und sind ziemlich nivelliert. Auch Preissuchmaschinen zeigen fast durchgängig die gleichen, noch immer relativ hohen Preise für R-Kameramodelle und RF-Linsen. Auch der Gebrauchtmarkt ist durch diese Preisentwicklung betroffen. Wer Vollformat zum günstigen Preis und mit einem großen Einsatzbereich sucht, dem wird die RP-Lösung für allem für Fotografie gut gefallen. Bei Videoaufnahmen – auch das sei nicht verschwiegen – sieht es dagegen nicht ganz so rosig aus.